„Warum wir Milch brauchen“ ist ein seltsamer Titel für einen veganen Blog, oder?
Nein. Denn in diesem Artikel möchte ich einen Beitrag dazu leisten, zu klären, was „Milch“ überhaupt ist und wozu sie da ist.
Eigentlich ist es ganz offensichtlich und für jedermann einfach zu erkennen, aber es verhält sich nun mal so, dass wir Dinge, die uns von kleinauf als Gewohnheit vermittelt werden, eben einfach übernehmen und dann meist nicht weiter hinterfragen.
Milch zu trinken und Milchprodukte zu essen ist eine solche Gewohnheitssache.
Wenn wir aber mal näher hinschauen, sollte uns auffallen, dass das Wort „Milch“ eigentlich nur noch ein Kürzel ist. Das ursprüngliche, ungekürzte Wort lautet : Muttermilch.
Milch ist nicht irgendein Getränk, sondern die natürliche Säuglingsnahrung, die im Körper von Säugetiermüttern für ihren Nachwuchs produziert wird.
Wenn man zu lange in der alltäglichen Gewohnheit gelebt hat, daß Milch aus Flaschen und Tetrapacks kommt, verliert man den Bezug dazu, was für ein besonderes Wunderwerk der Natur die Muttermilch in Wahrheit ist – und dass es eigentlich eine sittliche Schande ist, aus diesem mütterlichen Heiligtum ein Industrieprodukt gemacht zu haben.
Muttermilch ist für den Säugling, für den sie gedacht ist, Nahrung und Nährung auf allen Ebenen. Sie enthält alle Proteine, Vitamine, Mineralstoffe, gen-aktivierende Signalstoffe und Hormone, die der Säugling benötigt, um gesund wachsen und gedeihen, sein Immunsystem aufbauen und sein hormonelles System regulieren zu können. Darüber hinaus dient das Säugen oder „Stillen“ aber auch der Befriedigung elementarer emotionaler Grundbedürfnisse eines jeden Säuglings : Nestwärme, die Nähe, Liebe und Fürsorge der Mutter, - ein Hafen in der, noch unbekannten, großen weiten Welt, der Sicherheit und Vertrauen gibt.
Hunderttausenden Säugetieren täglich werden diese Grundpfeiler ihres Lebens genommen.
Mütter und Kinder werden kurz nach der Geburt getrennt. Für immer. Die Mütter werden nun im Dauertakt an die Melkmaschine angeschlossen, die Kinder werden abgeführt, entweder auf die Schlachtbank oder in eine Aufzuchtstation, in der sie fortan die ihnen zugestandenen Milchreste aus Eimern trinken müssen oder, in den allermeisten Fällen, mit künstlicher Ersatznahrung gefüttert werden. So lange bis sie als reif genug gelten, um selbst zum ersten Mal künstlich besamt zu werden und der grausame Kreislauf der Milchindustrie an ihnen und ihren Kindern fortgesetzt wird.
So und nicht anders läuft das seit Jahrzehnten in Deutschland und anderen „zivilisierten“ Ländern ab, damit die Menschen, möglichst preisgünstig, „ihre“ Flaschen – und Paketmilch trinken, ihre Joghurtbecher auslöffeln und ihren Käseaufschnitt essen können.
Die glücklichen Tiere von der Bergalm, die in ihrem Herdenverbund gemütlich, unter freiem Himmel, im Sonnenschein grasen und nachts in geräumigen Ställen auf frisch hergerichteten Strohbetten schlafen dürfen, existieren fast nur noch im Märchen, bzw. in den märchenhaften, fett gesponserten Werbespots der Milchindustrie.
Die bittere Realität ist, daß weit über die Hälfte der sogenannten „Milchkühe“ ihren tristen, engen Stellplatz im Massenstall in ihrem ganzen Leben nicht für einen Augenblick lang verlassen dürfen und niemals etwas anderes zu sehen bekommen als Beton, Gitter und ihre Ketten.
Fünf Jahre vegetieren sie da im Schnitt, danach sind sie so ausgezehrt, dass sie zur Schlachtbank geführt werden. Unter natürlichen Bedingungen würde eine Kuh 20 Jahre oder älter werden.
Die leer gewordenen Stellplätze werden sofort neu aufgefüllt, die Töchter folgen ihren Müttern, die sie nie kennenlernen durften, nach...
Das ist das moralische Problem mit der Milch.
Viele reden sich das schön, man hofft einfach darauf, dass gerade die Milch, die man selber kauft und konsumiert, von den glücklicheren Kühen stammt. Man erinnert sich, im Zweifelsfall, wieder an die trauten, schönen Bilder aus der Werbung und auf den Verpackungen. Menschen, die mit einem höheren Maß an Mitgefühl ausgestattet sind, greifen zu Bio-Milch und vertrauen darauf, dass damit die Welt in Ordnung sei.
Doch auch in der Bio-Branche ist längst nicht mehr alles Gold, was glänzt. Wer heute noch wirklich glückliche Tiere finden will, Kühe, die auf natürlichem Wege trächtig werden und ihre Kinder ausgiebig kennenlernen und begleiten dürfen, die wirklich auf großen, saftigen Wiesen grasen und ohne Gitter und Ketten leben dürfen, der muss schon etwas länger und gewissenhafter suchen.
Meine Meinung dazu ist, dass, wer unbedingt Milch trinken will, diese gewissenhafte Auslese investieren sollte. Nicht zuletzt, weil er damit als Konsument ein ganz wichtiges Zeichen setzt und die, rar gewordenen, wahrhaft anständigen Tierhalter unterstützt.
Abgesehen von diesem moralischen Problem, gibt es aber auch noch ein weiteres Problem mit der Milch, der Muttermilch, wie es richtig heißen muss.
Sie wird nun einmal im Körper der Mutter für die Säuglinge dieser Mutter produziert und ist daher auf diese abgestimmt.
Untersuchungen menschlicher Muttermilch haben gezeigt, dass diese Abstimmung sogar ganz spezifisch auf das jeweilige Kind ausgerichtet ist. Die Körperintelligenz zwischen Mutter und Kind geht soweit, dass die Zusammensetzung der Milch sich ganz gezielt den Bedürfnissen des Säuglings anpasst. Steht ein Wachstumsschub an, liefert die Milch genau die Stoffe, die dafür gebraucht werden. Kränkelt ein Kind, so zaubern die mütterlichen Milchdrüsen eine Extraportion Immunstoffe und schmerzstillende Hormone in die Milch.
Menschenmilch ist für Menschenkinder gemacht. Kuhmilch für Kuhkälbchen. Ziegenmilch für Ziegenkinder, usw.
Kuh, - Ziegen, - Schafs – oder Pferdemilch ist sicher, von Natur her, nicht dazu gedacht, daß wir Menschen sie trinken.
Warum wir es dennoch tun, darüber kann man nur spekulieren.
Vielleicht blieb den Menschen, in schwierigeren Zeiten als den heutigen, nicht viel anderes übrig, als sich etwas Milch von ihren Tieren abzuzapfen? Vielleicht trieb der Aberglaube unsere Vorfahren dazu, anzunehmen, man könne sich mit den Sekreten (oder auch dem Fleisch) der Tiere deren Kräfte einverleiben?
Heute jedenfalls besteht weder eine Ernährungsnotlage, noch kann man allen Ernstes annehmen, dass Tierprodukte aus dieser industriellen, derart unnatürlichen und leidvollen Massentierhaltung, in der diese gepeinigten Geschöpfe nur noch kläglich dämmernd vor sich hin vegetieren, uns vitalisierende Kräfte zuführen könnten!
Was den Kuhmilchkonsum angeht, hält sich vor allem der Glaube, dass diese Milch eine hervorragende Calciumquelle sei und hat sich, über die Generationen, - sicher auch dank der entsprechenden Slogans der Industrie,-, sogar dahin entwickelt, dass viele Menschen annehmen, dass Kuhmilch die beste und einzige Calciumquelle und als solche daher unverzichtbar für uns sei.
Das stimmt so aber nicht. Es ist zwar richtig, dass sie viel Calcium enthält und dieses, Untersuchungen zufolge, auch relativ gut von unserem Körper aufgenommen und verwertet werden kann, es gibt aber auch zahlreiche pflanzliche Nahrungsmittel, die eine ebenso hohe Menge an bioverfügbarem Calcium liefern, bzw. teilweise die Kuhmilch sogar mehr als toppen. Während die Bioverfügbarkeit für den menschlichen Körper sich beim Calcium aus Kuhmilch auf rund 30% beläuft, schaffen Grünkohl und Brokkoli bspw. 50 – 60%, mit Algen angereicherte Sojamilch oder mit Calciumnitrat hergestelltes Tofu schaffen, gleichauf mit der Milch, etwa 30% und calciumreiche Nüsse und Saaten wie Mandeln oder Sesam bringen es, ebenso wie viele Hülsenfrüchte, immerhin auf 20 – 25% Bioverfügbarkeit.
Was bei den Lobgesängen auf die Kuhmilch, als Nahrungsmittel für den Menschen, allzu oft vergessen wird, ist die Tatsache, daß sie auch eine Menge Stoffe enthält, die nicht so gut für unseren Körper verwertbar oder möglicherweise sogar schädlich für uns sind. Beispielsweise enthält sie drei mal soviel Eiweiss wie Menschenmilch. Auf den ersten Blick mag sich ein hoher Proteingehalt gut anhören. Jedoch sind diese Proteine nun mal auf den Körperaufbau von Kälbern abgestimmt. Ebenso wie die zahlreichen genregulativen Bestandteile der Milch, die, natürlicherweise, ganz auf den genetischen Bauplan der jeweiligen Art ausgerichtet sind, möglicherweise im artfremden Körper aber auch Einfluss auf dessen Gene nehmen könnten.Ausreichende Forschungsergebnisse hierzu gibt es noch nicht.
Es gibt viele gute Gründe, darüber nachzudenken, ob unser Milchkonsum, nur weil er sich zur Gewohnheit entwickelt hat, richtig ist.
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Nina (Donnerstag, 26 April 2018 22:05)
Mal ne allgemeine Frage was machen Mütter die nicht stillen können? Ich hätte gerne gestillt könnte es aber bei meinem ersten Kind nicht. Mein Kind wollte nie richtig trinken und hatte dadurch milchknoten. Nach dem abstillenhatte ich immer noch milchknoten und nach 8 Wochen stand ich vor der Entscheidung meine Milchdrüsen entfernen zu lassen. Mein 2 Kind könnte ich dadurch nicht stillen. In der Pre Nahrung sind tierisch Milcherzeugnisse . Bin ich jetzt eine schlechte Mutter ?
Eldy Cocou (Freitag, 27 April 2018 23:36)
Liebe Nina,
ich fände es eine Frechheit, sich anzumaßen, eine Mutter zu verurteilen, weil sie nicht stillt. Erst recht, wenn sie es gern getan hätte, aus medizinischen Gründen aber eben nicht konnte.
Allerdings gibt es auch viele Fälle, wo anfängliche Komplikationen beim Stillen behoben werden könnten, wenn mehr fachkundige Menschen den Müttern zur Seite stünden. An der Stelle sehe ich noch viel Handlungsbedarf!
Denn gerade beim ersten Kind sind es oft nur Anlegeschwierigkeiten, die zu Komplikationen und Schmerzen führen.
Das Thema habe ich auch in meinem Buch ausführlich behandelt.
Diese Komplikationen waren bestimmt nicht schön für Dich, aber ich hoffe, es ist alles gut ausgegangen und Du hast Deinen Frieden damit gemacht. Das Allerwichtigste und Unersetzbarste hat Dein Kind sicher von Dir bekommen : Deine mütterliche Liebe, Deine Nähe, Wärme und Zuneigung. <3
Ich wünsche Euch alles Liebe und Gute!
erwin georg, druid (Freitag, 04 Mai 2018 06:15)
Beständig ist allein der Wandel,
Klar kam es nach dem 2. Teil des www (world wide war) Schritt für Schritt zu industzriellen Landwirtschaft. Auch in der Milchindustrie. Es kam, wie es gewollt war.
Milch, Honig, Met usw. sind (ausgenommen Säugling) eher als Genußmittel zu betrachten. Doch wer kenn schon den Unterschied zwischen Genußmittel, Lebensmittel, Medizin, Nahrung und Füllstoff. Vieles ist heute verkehrt. So gibt es auch kaum noch Bauern und die Wunschträume der Verbraucher können das Rad vom "geiz ist geil" Verhalten nicht zurück drehen.
Zur Frage von Nina
Bei Mensch und Tier ist vieles sehr ähnlich. Klar konnten früher erfahrene Hebamen und waiße ahnen in vielen Situationen weit mehr tun, als der Instinkt von Tieren, die dadurch eine starke Auslese erleben. Hat alles seine Vor- und Nachteile. Man muß eben immer das beste aus einer vorherschenden Situation machen.
Rohkost ist gut. Vor allem als Salat oder Smootie zum Braten, ....
Ein Inuit würd wohl gern öfter friesche Wildkräuter essen. Afrika mit dem ganzjährig reichen Gabentisch, ist den gefallenen Engeln überlassen. Bei uns ist es weit härter.
Sehr vieles endshdammd auch die innere Einstellung und gaisdigen Haltung, welche sich vermutlich auch auf das Kind bereits im Mutterleib überträgt.
Karin Seltmann (Mittwoch, 14 November 2018 18:30)
Das hastDu so schön ergreifend und wahr erklärt. Und dazu kommt ja noch ein Fakt der vielleicht nicht zu unterschätzen ist. Das sind die vielen Impfungen und MedikamentenGaben die die Tiere während der Zeit ihres unglücklichen Lebens bekommen, nicht wahr? Ich freue mich sehr Dich hier im Internet gefunden zu haben. Du bist ein Schatz für diese Welt. Danke und viel Kraft, Schutz und Liebe für den weiteren Weg.
Eldy Cocou (Sonntag, 10 Februar 2019 03:57)
Da sagst Du was, liebe Karin! Ja, das ist definitiv auch noch ein Aspekt, der gern unter den Teppich gekehrt wird. Es geht dabei nicht nur um "Rückstände", sondern auch darum, was diese "Rückstände" im menschlichen Organismus dann noch so alles tun...
Schön, daß Du den Weg hierher gefunden hast!
Ich wünsche Dir ebenfalls viel Kraft, Schutz und Liebe für Deinen Weg! <3